Wir können das! Wie Apotheker die Krise meistern!

Wenn die Apotheken-Inhaberin Juliane Stark-Kreul auf die vergangenen Monate zurückblickt, lautet ihr Fazit: „Wir haben das Beste daraus gemacht und gelernt, mit der Krise zu leben.“ Seit Februar hat die Pandemie ihr und ihrem Apotheken-Team viel abverlangt, um Patienten weiter gut versorgen zu können: Lager aufgestockt, Desinfektionsmittel hergestellt, Masken und Fieberthermometer organisiert, Visiere gebastelt, in Schichten gearbeitet, Kunden durch die Eingangstür beruhigt und beraten – und nebenher zu Hause Kinder betreut. „Es hat uns alle kalt erwischt. Wir mussten flexibel bleiben und die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz finden.“

Ihr Engagement blieb nicht auf die Apotheke beschränkt: Ein Erlös durch den Verkauf der Desinfektionsmittel ging an die Marler Tafel; an den Schulen beriet Stark-Kreul Lehrkräfte zu den erforderlichen Hygienemaßnahmen. Masken und Desinfektionsmittel wurden jenen zur Verfügung gestellt, die sie wirklich brauchten. „In erster Linie versorgten wir Arztpraxen, Pflegedienste und andere Heilberufler.“ Die Gesundheitsnetzwerke vor Ort seien dabei eine große Hilfe gewesen. Miteinander und Wertschätzung. Und so kann Juliane Stark-Kreul der Krise auch Positives abgewinnen: „Corona hat das Miteinander und den Zusammenhalt gestärkt – in vielen Familien, in den Apotheken und zwischen verschiedenen Berufsgruppen.“ Hinzu komme die wachsende Wertschätzung von Kunden und Politik: „Wir werden ganz anders wahrgenommen, können aber auch anders handeln.“

Dass die Politik bürokratische Hürden verringert und den Austausch nicht vorrätiger Medikamente durch wirkstoffgleiche Präparate erleichtert habe, sei sehr hilfreich gewesen. Bislang gelte das nur zu Pandemiezeiten, sollte aber unbedingt beibehalten werden: „Wir können das. Verbesserte Konzepte zur Patientenversorgung dürfen nicht nur zu Notzeiten gültig sein.“ Notwendige Freiheiten. Christian Redmann, Apothekeninhaber aus dem oberfränkischen Ebermannstadt, bestätigt: „Die Apotheken wurden vom Gesetzgeber bislang so stark eingeschränkt, dass das System nur funktionieren konnte, solange alles andere normal lief. Doch unser Berufsstand hat in den vergangenen Monaten deutlich gezeigt, was er kann, und enorm viel geleistet.“

Redmanns wichtigste Erkenntnis aus der Corona-Krise lautet: „Die Arzneimittelversorgung in Deutschland ist durch zunehmende Lieferengpässe sehr anfällig geworden. Aber wenn der Gesetzgeber uns die nötigen Freiheiten lässt, können wir unsere Kunden auch weiterhin gut versorgen.“ Doch da sich viele ältere und kranke Menschen kaum noch aus dem Haus wagten, konnte der Internet-Handel deutliche Gewinne verbuchen. „Die Gewinner der Corona-Krise sind die großen Online-Apotheken“, sagt Redmann.

Juliane Stark-Kreul bestätigt: „Die Corona-Pandemie ist wie ein Katalysator für die Digitalisierung.“ Diese biete aber auch Chancen für die Apotheke vor Ort: „Schließlich können wir die Digitalisierung ebenfalls für uns nutzen.“ Genauso bequem, aber schneller. Zudem können Versandapotheken ihre Kunden längst nicht so zügig und nahtlos versorgen wie die Apotheke vor Ort: „Per Vorbestellungs-App können Patienten ihre Medikamente bei uns genauso bequem bestellen“, erklärt Apothekerin Stark-Kreul. „Aber unser Botendienst ist viel schneller.“

Neben den Rücksprachemöglichkeiten mit dem Arzt gebe es vor Ort zudem eine qualifizierte und persönliche Beratung. Ohnehin müssen ab September alle deutschen Apotheken an ein zentrales digitales Gesundheitsnetz angebunden sein: 2022 wird das elektronische Rezept flächendeckend eingeführt. „Bis dahin haben wir die Chance, zusätzliche Möglichkeiten wie den elektronischen Medikationsplan zu testen. Dabei werden die Daten auf der Gesundheitskarte gespeichert. Das ermöglicht uns eine schnelle Arzneimitteltherapie-Sicherheitsprüfung“, so Stark-Kreul.

„Die Kunden können sich mit den modernen Angeboten ihrer Stammapotheke vertraut machen und genießen weiter optimale Gesundheitsversorgung.“ Allerdings erleben viele Vor-Ort-Apotheken gerade wirtschaftlich herausfordernde Zeiten. „Nach den Hamsterkäufen im März kam die Corona-Flaute, die nahtlos in die Sommerflaute überging“, sagt Redmann. Preisstabilität und ein Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneien seien deshalb wichtiger denn je. Und was der Herbst bringt, lässt sich nicht absehen. Redmann: „Wir sind jedenfalls gewappnet für eine zweite Welle.“ Barbara Kandler-Schmitt

Diesen und viele weitere Artikel finden Sie in der kommenden Ausgabe der Apotheken Umschau, die ab 15.08. in Ihrer Apotheke vor Ort erhältlich sein wird.